Sie erwachte allein. Der Kunde hatte das Geld abgezählt auf den Nachttisch gelegt. Es war ganz nett gewesen, nicht so geschäftsmäßig und gleichgültig wie sonst. M. war ein Stammkunde und meistens in Eile, das Ganze schnell vorüber.
Am Anfang sollte es nur ein Spaß sein. Sie wollte sehen, wie weit sie gehen konnte. Im Internet war sie auf Männersuche gegangen, Singlebörsen gab es wie Sand am Meer, und hatte so getan, als wäre sie eines dieser Escortgirls, buchbar für ein paar abwechslungsreiche Stunden.
Es hatte funktioniert. 800 Euro in einer Woche für drei Dates. Drei Mal Dinner und einmal etwas mehr. Leicht verdientes Geld. Schick ausgehen und bezahlt werden. Wenn die Männer das Geld so locker sitzen hatten, hatten sie es nicht anders verdient, dachte sie und machte weiter.
Aus einer Ausnahme von „Etwas mehr“ wurden viele, bis es irgendwann nur noch darum ging. Jedes Mal wenn sie ihren Körper an einen Mann verkaufte, obwohl sie es niemals so nannte, splitterte ein Stück ihrer Seele ab.
Zuerst merkte sie es kaum. Aber die Leere wurde immer größer. Sie suchte nach dem Traumprinzen. Es gab eine Menge tolle Männer im World Wide Web. Mit Häusern, Villen, Chalets, Ferienhäusern, Autos, Booten, dicken Bankkonten. Sie nahm was sie kriegen konnte, immer in der Hoffnung Mister Right wäre dabei, der Mann, der sie um ihrer selbst willen wollte, der ihr ein tolles, sorgenfreies Leben bieten konnte. Es gab viele Mister Rights, die ihr einen schönen Abend boten, oder eine schöne Nacht. Sie bezahlten dafür, mehr gaben sie ihr nicht. Also nahm sie was sie kriegen konnte. Immer schneller, immer mehr. Es wurde eine verzehrende Sucht. Jeder Rausch sollte größer sein. Stattdessen wurde das Gefühl immer weniger.
Sie redete sich ein, sie würde die Männer ausprobieren, in Wirklichkeit wurde sie benutzt. Sie lachte die Männer aus, sagte, sie wären so dumm sie zu bezahlen, ohne zu sehen, dass sie nicht mehr wollten, nur unverbindlichen Sex.
Ihre Sucht trieb sie an. Tag und Nacht. Wenn sie kein Date hatte lief sie nervös hin und her, ohne Ruhe zu finden. Dieses Mal hätte ER es sein können, dachte sie oft und suchte fieberhaft nach einem weiteren Kandidaten für ihr Glück. Sie wollte ein finanziell abgesichertes Leben und der Mittelpunkt in jemandes Leben sein, sie wollte alles und auf nichts verzichten, aber die Männer wollten ihr das nicht geben. Das Geld tat ihnen nicht weh, immerhin bekamen sie etwas dafür geboten.
Das kostete ihr Herz. Stück für Stück, wurde davon abgerissen und keiner war bereit ihr ein Stück seines Herzens zu geben.
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